4 févr. 2024
17h00
Eglise Ste Trinité Walferdange
Concert 3 - IN MEDIO MARIS

Ensemble Continuum

In der unmittelbaren Folge der musikalischen Revolution, die um 1600 den „Barock“ hervorbrachte, begannen Komponisten, diese neue avantgardistische, ausdrucksstarke Musiksprache für die Vertonung geistlicher Texte zu nutzen. Die Vokalwerke des Programms spannen einen Bogen von dieser ersten Generation musikalischer Pioniere, hier vertreten durch Alessandro Grandi, bis hin zu den Anfängen des „Hochbarock“, wie sie in den Werken von Giovanni Legrenzi zu finden sind.

Besondere Kennzeichen dieser Werke sind eine ausdrucksstarke und bildhafte Vertonung der Texte sowie eine sinnliche Sehnsucht nach dem Göttlichen. Die Hoheliedtexte von Grandis O quam tu pulchra es und Rosenmüllers Vox dilecti mei sind mit einer sehnsüchtigen Sinnlichkeit vertont, die die Grenzen zwischen himmlischer und irdischer Liebe verwischt. Strozzis In Medio Maris ist ein Meisterwerk der bildhaften Textvertonung – durch die Musik hindurch sehen wir das Boot, das auf den Wellen hin und her geworfen wird, die zitternde Angst der Jünger sowie eine meisterhafte Klage, die Petrus über den beliebten viertönigen ostinaten klagenden Bass singt, der häufig in weltlichen Monodien und Opern der Zeit verwendet wird.


Rovettas Salve Regina ist eine wunderbar bewegende Vertonung der populärsten der Marianischen Antiphonen. Lange Zeit glaubte man fälschlicherweise, sie stamme von Franz Tunder, mit dem protestantischen Text Salve mi Jesu. In jüngster Zeit ist jedoch Rovettas 1647 veröffentlichter Originaldruck aufgetaucht, aus dem hervorgeht, dass er und nicht Tunder das Stück komponiert hat. Rovettas Herangehensweise an den Salve-Regina-Text ist wunderbar berührend und fast ekstatisch in seiner Verherrlichung der Jungfrau Maria und der Sehnsucht des Gläubigen, mit ihr im Himmelreich vereint zu sein.

Die Zeitenwende rund um 1600 im Vokalrepertoire war für die instrumentale Musik ebenso bedeutend, vokale Affekte und Rhetorik wurden danach gleichermaßen in das instrumentale Repertoire integriert. Komponisten wie Antonio Bertali, Heinrich Ignaz Franz von Biber und Johann Rosenmüller stehen dabei exemplarisch für diese Entwicklung, ging diese Entwicklung doch gerade von Italien über das Habsburger Reich aus. Die Italiener Tarquinio Merula und Girolamo Frescobaldi stehen dabei für die erste Generation an Komponisten, die diese Entwicklung prägten.

PROGRAMME
Giovanni Legrenzi (1626-1690)
Non sussurrate

Antonio Bertali (1605-1669)
Sonata Nr. 1 à 3 d-Moll,
Düben-Sammlung

Alessandro Grandi (1577-1586)
O quam tu pulchra es

Girolamo Frescobaldi (1583-1643)
Canzona decimasettima detta la Diodata, a due bassi,
Il Primo Libro delle Canzoni, Rom 1628

Johann Rosenmüller (1619-1684)
Vox dilecti mei

Heinrich Ignaz Franz von Biber (ca. 1644-1704)
Pars III in a-Moll, Mensa Sonora, Salzburg 1680
Gagliarda (Allegro) – Sarabanda – Aria – Ciacona – Sonatina (Adagio)

Barbara Strozzi (1619-1677)
In Medio Maris

Johann Rosenmüller
Sonata Quarta à 3, Sonate à 2. 3. 4. é 5 Stromenti da Arco & Altri, Norimberga 1682
Presto – Adagio – Grave – Adagio – Presto

Tarquinio Merula (1595-1665)
Laudate pueri

Ciaconna, op 12, Canzoni overo sonate concertate per chiesa e camera, 1637

Giovanni Rovetta (1596-1668)
Salve Regina
Ensemble Continuum
Nadja Zwiener & Franciska Hajdu, violon

Liam Byrne, viola da gamba

Daniel Rosin, violoncelle

Elina Albach, clavecin & direction

Alex Potter, contre-ténor

CONTINUUM ist vor allem: vieles nicht. Zum Beispiel: kein festes Ensemble und kein Kollektiv. Es ist eher eine über den konkreten Projekten und Personen schwebende Gesamtidee, die in alle Richtungen sich lehnen kann.

CONTINUUM ist die Freiheit, Alte Musik ganz neu zu denken, innovativ zu präsentieren und sie damit in Bezug setzen zu einer Gegenwart, die ihr nicht so fern liegt, wie der Name und die gewöhnliche Aufführungspraxis suggerieren.

CONTINUUM ist alles, was die vielfach ausgezeichnete Cembalistin Elina Albach mit Besetzung macht, egal wie groß die ist. Es ist ein Pool von Instrumentalistinnen und Instrumentalisten, Sängerinnen und Sängern, auf den sie zurückgreifen kann und der ihr ermöglicht, beinahe jede denkbare Version eines Stückes umzusetzen: von großen Chorensembles zu intimen Dreier-Besetzungen.

CONTINUUM debütierte 2015 bei den Köthener Bachfesttagen und spielt seitdem auf wichtigen Festivals in Deutschland und Europa, Südamerika, den USA und Kanada. 2022 gestaltete das Ensemble eine Residenz beim renommierten MA Festival in Brügge.

Wenn der Name CONTINUUM auch barock erscheinen mag, ein Verweis auf den dominierenden Generalbass der Epoche, so bezieht er sich doch auf ein Stück der Neuen Musik: György Ligeti schrieb sein „Continuum“ 1968 für Cembalo, Elina Albachs Hauptinstrument. Es flimmert und flirrt und versucht gerade darüber, über das Tempo der Anschläge, einen kontinuierlichen Sound herzustellen. Ein Transzendieren der Zeit, genau wie die immer aufs Neue erstaunlichen Projekte unter dem Namen CONTINUUM.

Elina Albach

Dass Elina Albach nicht nur als Fünfjährige begann, Cembalo zu spielen, sondern auch als Spross einer sehr musikaffinen Familie mit Hintergründen in Alter Musik und Kirchenmusik von klein auf mit deren Repertoire bekannt ist, hatte weitreichende Folgen. Denn vielleicht muss etwas so tief eingesickert, so vertraut und verbunden sein, damit es völlig neu und mit Risiko anders gedacht werden kann: Nicht nur ist Albach als Cembalistin heute international gefragt und vielfach ausgezeichnet, auch gilt das von ihr erdachte fluide Ensemble CONTINUUM als Keimzelle einer so noch nie gehörten Herangehensweise an Alte Musik.

Elina Albach, Jahrgang 1990, studierte an der Schola Cantorum Basiliensis bei Prof. Jörg-Andreas Bötticher, leitete bereits das Vokalconsort Berlin, die Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker und unterrichtete an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber in Dresden und der Hochschule für Musik Detmold Kammermusik, Generalbass und Cembalo. Sie trat in verschiedenen Besetzungen und solo auf zahllosen renommierten Festivals und in legendären Häusern auf vier Kontinenten auf. Unter ihren zahlreichen Stipendien stach zuletzt das Fellowship #bebeethoven von Podium Esslingen und der Kulturstiftung des Bundes heraus, die 2017-2021 jungen Künstlerinnen und Künstlern ermöglichte, neue Wege in Aufführungspraxis, Interpretation und Komposition zu finden. In dieser Zeit entstanden mit CONTINUUM Projekte, die die Aktualität der Alten Musik ausloteten, spektakuläre Verschränkungen Alter und zeitgenössischer Musik mit der Entwicklung eines neuen Repertoires für barockes Instrumentarium und innovative Konzertdesigns.

Derzeit arbeitet sie vor allem daran, kanonisierte Werke des Barock durch Verdichtung in kleinen Besetzungen intensiv neu erlebbar zu machen. Besonders berückend gelang dabei die Aufführung von Johann Sebastian Bachs Johannespassion für Tenor allein (Benedikt Kristjánsson), Schlagwerk (Philipp Lamprecht), Orgel und Cembalo, die zu Karfreitag 2020, in der Hochphase des ersten Corona-Lockdowns, in der leeren Leipziger Thomanerkirche aufgezeichnet wurde und weit über die Grenzen der Klassikszene hinaus für Aufmerksamkeit sorgte. Bereits 2019 erhielt diese Inszenierung den Preis Opus Klassik für das innovativste Konzert.

Alex Potter

Alex Potter – von der Presse als „aufsteigender Stern in der Welt der Countertenöre“ gepriesen – ist ein gefragter Interpret für die Musik des 17. und 18. Jahrhunderts, dessen Engagements ihn auf die Bühnen in ganz Europa führen. Er arbeitet mit Dirigenten wie Philippe Herreweghe, Thomas Hengelbrock, Lars Ulrik Mortensen, Jordi Savall, Hans-Christoph Rademann, Rudolf Lutz und Jos van Veldhoven. Neben zahlreichen Aufführungen von Werken bekannter Komponisten wie Bach und Händel gilt sein besonderes Interesse dem Aufspüren weniger bekannten Repertoires, das er in Konzerten und Einspielungen der Öffentlichkeit zugänglich macht.

Die musikalische Laufbahn Potters begann bereits als Chorknabe an der Southwark Cathedral in London. Er war Choral Scholar am New College der Universität Oxford und absolvierte zeitgleich ein Studium der Musikwissenschaft. Im Anschluss daran ergänzte er seine Ausbildung im Bereich Alter Musik bei Gerd Türk an der Schola Cantorum Basiliensis in der Schweiz.

Bemerkenswerte Engagements in letzter Zeit waren Bachs H-Moll-Messe mit dem Concertgebouw Orchestra in Amsterdam unter Philippe Herreweghe, ein Solo-Konzert beim Musikfest Bremen mit Werken von Telemann, ein Auftritt mit Monodien von Caccini und Cavalieri beim Eröffnungsfestival der Elbphilharmonie in Hamburg und Abraham and Isaac von Benjamin Britten, zusammen mit dem Tenor Thomas Hobbs in Vancouver, Kanada.

Er ist auf zahlreichen CD-Einspielungen zu hören, u. a. Bachs H-Moll-Messe mit der Bachstiftung St. Gallen/Rudolf Lutz. Eine neue Solo-Aufnahme mit Werken von Telemann ist im Jahr 2019 bei CPO erschienen.

Concert 4 - ACIS & GALATEA HWV 49a (1718)
18.02.2024 - 17h00
Concert 5 - AIRS & FABLES
3.03.2024 - 17h00
Concert 6 - BACH 3
17.03.2024 - 17h00

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